"Ich war geschockt über das schlechte Klima gegenüber dem öffentlichen Dienst und seiner Angestellten, welches im Grossen Rat herrscht." Lesen Sie das Interview mit dem neuen Direktor des ZMLP, Urs Zenhäusern. Er hat seine neue Funktion vor rund 4 Monaten aufgenommen.

 

ZMLP: Herr Zenhäusern, Sie haben am 1. August 2015 die Funktion als neuer Direktor des ZMLP übernommen. Wie sind Sie in Ihre neue Aufgabe gestartet?
UZ: Es verblieb mir keine lange Schonfrist als ich anfangs August meine neue Funktion aufnahm. Gewichtige Dossiers, wie die neue Vereinbarung, die unsere Partnerschaft zum Staat regelt, sowie die Lohnpolitik im Rahmen des Budget2016 standen an und verlangten bereits vollen Einsatz all unserer Ressourcen.

ZMLP: In Ihrer Tätigkeit pflegen Sie engen Kontakt zur Walliser Politik. Wie steht es um’s Image des öffentlichen Dienstes und seiner Angestellten in der Politik?
UZ: Im Rahmen der dazu notwendigen Lobbyarbeit verfolgte ich anfangs September unter anderem die Diskussionen im Grossen Rat. Geblieben ist mir hier ein erster und prägender Eindruck – nämlich Schock. Ich war geschockt über das schlechte Klima gegenüber dem öffentlichen Dienst und seiner Angestellten, welches im Grossen Rat herrscht.

ZMLP: Können Sie das konkretisieren?
UZ: Ich gebe Ihnen 2 Beispiele der Grossratssession vom September: 1. Vaterschaftsurlaub: Ein Postulat der PLR verlangt die Reduktion des Vaterschaftsurlaubes von 10 auf 5 Tage. Das Postulat wurde mit 69 gegen 32 Stimmen und 3 Enthaltungen angenommen.

ZMLP: Aber heute gewähren doch noch lange nicht alle Arbeitgeber einen Vaterschaftsurlaub?
UZ: SECO und EconomieSuisse engagieren sich für eine bessere Vereinbarung zwischen Familie und Beruf! UBS, CS, Swisscom, SBB, SRG, Lidl, IKEA, Migros, Raiffeisen, IBM, um nur einige zu nennen, geben ihren Mitarbeitenden bereits heute 10 und mehr Tage. Gemäss einer kürzlichen repräsentativen Umfrage wollen 80% der Schweizer einen Vaterschaftsurlaub von 10-20 Tagen.

ZMLP: Sie nannten ein 2. Beispiel der schlechten Stimmung im Grossrat?
UZ: Ja, viel gravierender und weitgehender war ein Vorstoss der SVP/UDC der eine Kürzung des Arbeitgeberanteils in die Pensionskasse der Staatsangestellten auf 50% verlangt. Damit hätte der Staat als Arbeitgeber rund 25 Millionen Franken weniger in die Pensionskasse seiner Angestellten bezahlt. Die Motion gibt an, dass das ohne Lohnkürzung möglich sei. Die Wahrheit ist, dass ein Angestellter je nach Lohnklasse und Alter pro Monat zwischen 150 und 1‘200 Franken weniger Nettolohn ausbezahlt bekommen hätte. Abstimmungs-Resultat: 51:55 bei 7 Enthaltungen! Das Schiff ist haarscharf am Eisberg vorbei geschrammt!!!

ZMLP: Was sagen Sie zur Lohnpolitik für die Staatsangestellten im Rahmen des Budgets 2016?
UZ: Auf folgenden Lohnbestandteilen: individuelle Erhöhung aufgrund der Leistung,  Erfahrungsanteile sowie Leistungsprämie, sieht das Budget 2016 die Anwendung eines Index von 0,6 vor. Damit will die Politik  6,6 Mio. Franken auf dem Buckel des Staatspersonals einsparen. Der ZMLP hat sich seit Beginn massiv gegen diese Massnahme gewehrt.

ZMLP: Wieso?
UZ: Diese Massnahme ist ungerecht, ungleichbehandelnd und absolut widersinnig, weil sie die leistungsstärksten und treuesten Mitarbeiter trifft. Kein Arbeitgeber in der Privatwirtschaft behandelt sein Personal derart.

ZMLP: Was bemängeln Sie daran?
UZ: Es ist eine falsche Pflästerlipolitik, die mehr Schaden anrichtet, als dass sie nutzt. Stellen Sie sich vor wie diese Massnahme wirkt. Dem Mitarbeiter wird Ende Jahr für seine ausserordentliche Arbeit gedankt und gleichzeitig gesagt, dass seine Leistungsprämie aufgrund des Budgets 2016 um 40 Prozent gekürzt wird. Um 6,6 Mio. Franken zu sparen, wird die überdurchschnittlich hohe Leistungsbereitschaft aufs Spiel gesetzt.

ZMLP: Und was ist die Folge davon?
UZ: Die unzähligen unkoordinierten und konzeptionslosen Abstriche in den Arbeitsrahmenbedingungen der Staatsangestellten haben einen grossen Verlust der Attraktivität des Staates als Arbeitgeber zur Folge. Es wird zunehmend schwieriger die guten und qualifizierten Angestellten beim Staat zu halten und beinahe unmöglich, gut qualifiziertes neues Personal zu rekrutieren. Das kann sich der Staat nicht erlauben.

ZMLP: Ist das bereits spürbar?
UZ: Der Arbeitsmarkt ist bereits heute stark umworben. Das Phänomen des „Brain Drains“ ist im Wallis schon lange bekannt. Das heisst, dass ein sehr hoher Anteil von hoch Qualifizierten das Wallis verlässt, weil sie ausserhalb, interessantere Stellenangebote finden. Auch dem Staat fällt es immer schwieriger gut qualifizierte Mitarbeiter zu finden. Allein seit 2013 sind beim Staat 36% weniger Bewerbungen eingegangen.

ZMLP: Welche Bereiche sind davon am stärksten betroffen?
UZ: Es mangelt insbesondere an Bewerbungen von mittleren und höheren Kader der Lohnklassen 1-10. Deutschsprachige Juristen beispielsweise können nicht rekrutiert werden. Schwierig ist es auch Ingenieure, Logopäden, Informatiker, aber auch Angestellte im Unterrichtswesen zu finden.

ZMLP: Was ist Ihr Vorschlag?
UZ: Die Politik sollte fürs Budget 2016 zurück buchstabieren und die Prüfung der Aufgaben und Strukturen (PAS2) des Kantons abwarten. Das würde erlauben in einer Gesamtschau die richtigen Massnahmen zu treffen. So würde es auch in der Privatwirtschaft gehandhabt.